Strategien, um sich von gesellschaftlichen Normen zu lösen – Teil 2

„Ohne Abweichung von der Norm ist Fortschritt nicht möglich.“

– Frank Zappa-

In dem Moment, wenn wir eine Umfrage starten würden, gäbe es sicherlich einen großen Konsens im Bezug auf bestimmte Werte und Qualitäten, die eine gute Mutter ausmacht. Die Frage nach der Umsetzung und die Ausgestaltung dieser Qualitäten bietet jedoch sehr großen Spielraum. Das bedeutet es gibt sehr viele Arten und Weisen eine sehr gute Mama zu sein.

Die Ausgestaltung dieser Qualitäten richtet sich danach, was unsere persönlichen Werte sind, wie sich unsere Lebenswirklichkeit darstellt und wie wir als Persönlichkeit gestrickt sind. Es gibt nicht den einen richtigen Weg. Und dennoch bemühen sich so viele Frauen in eine Form zu pressen, weil sie meinen, dass es richtig und falsch gibt. Jede Frau möchte das Beste für ihr Kind, verliert sich vielleicht in Reels auf Insta oder scrollt die ganze Zeit durch TikTok Videos und fühlt sich entweder bestätigt oder schlecht, weil sie bemüht ist den heiligen Gral der Kindererziehung und des Mutterseins für sich ausfindig zu machen.

In Teil eins habe ich bereits drei Wege aufgezeigt, wie es möglich wird den ganz eigenen Weg zu gehen, um sich ein wenig von den gesellschaftlichen Erwartungen zu lösen und den ureigenen Weg zu gehen. Falls du diesen noch nicht gelesen hast, findest du ihn hier. https://melanie-balster.de/strategien-um-sich-von-gesellschaftlichen-normen-und-erwartungen-zu-loesen-teil-1/

Zusammenfassend habe ich drei Strategien beschrieben, die helfen den eigenen Weg zu finden und nicht zwanghaft den Normen der Gesellschaft zu folgen.

  1. Selbstbewusstsein und Selbstreflexion stärken
  2. Kritisches Denken fördern
  3. Eigene Ziele und Prioritäten setzen

Strategie 4: Unterstützung und Gemeinschaft finden

Ich habe erst kürzlich selbst wieder erfahren wie erleichternd es sein kann mit den eigenen Sichtweisen nicht allein da zu stehen. Denn auch wenn es sich oft so anfühlt, als wärst du allein mit deiner Einstellung oder deinem Blick auf die Erziehung oder das Muttersein, so kann ich dir sagen, dass dem nicht so ist. Und vielleicht hast du es auch schon oft gefühlt, dass du irgendwie online doch Menschen siehst, die ähnlich ticken und denken, aber in deiner Lebenswirklichkeit niemanden, den du persönlich kennen würdest.

Die Frage ist oft jedoch die, woher willst du das wissen? Ich meine klar, die Menschen, die so gar nicht deinem Bild vom Muttersein und deiner Art der Erziehung entsprechen, die fallen sofort auf. Die Frauen und Familien, die eben alles brav so machen, wie es dem gesellschaftlichen Bild entspricht und auch in Gesprächen voll dahinterstehen. Und das ist ebenso okay, wie andere Meinungen und Lebensweisen. Es geht schließlich darum, dass jede Mutter ihren eigenen Weg findet und glücklich dabei ist, weil sie hinter ihrem Handeln und Denken stehen kann.

Aber es gibt ebenso die anderen, die stillen, die sich gar nicht so viel in Gesprächen beteiligen. Ich gebe dir ein für mich aktuelles Beispiel. Seit kurzem sind meine Arbeitsstunden in der Kita so aufgeteilt, dass ich in die Pause gehen muss. Also komme ich während der Pause mit Kolleginnen ins Gespräch, die ich sonst im Alltag kaum erlebe, weil sie auf einer anderen Etage arbeiten. Und obwohl ich meine liebe Kollegin seit über anderthalb Jahren kenne und mir bewusst war, dass sie in einigen Themen bereits ähnlich dachte wie ich, überraschte sie mich mit einer einzigen Aussage. „Vielleicht sollte ich mal wieder mit dem Meditieren beginnen.“

Für dich als Leserin mag dieser Satz nicht spektakulär sein. Für mich war er absolut überraschend, denn ich hätte niemals damit gerechnet, dass genau diese Kollegin bereits mal meditiert hat. Und wenn ich damit nicht gerechnet habe, so stellt sich die Frage, was habe ich noch nicht von ihr gewusst? So habe ich beim nächsten Mal vorsichtig an getestet, was ihre Ansichten in anderen Bereichern des Lebens sind.

Und siehe da. Ich habe in ihr einen Menschen gefunden, der so ziemlich in jedem Lebensbereich ähnliche Anschauungen hat, wie ich es habe. Zumindest in den Bereichen, in denen ich mir sehr oft wie ein Alien vorkam. In der digitalen Welt gibt es viele, die ähnlich „schwingen“, aber in der Realität war mir noch niemand bekannt.

Du weißt also nicht, ob andere eventuell auch mit den gleichen Dingen struggeln, weil jede für sich damit kämpft sich anzupassen und nicht auffallen möchte. Es wird nicht zum Thema gemacht, es wird nicht ausgesprochen, was wir in Wahrheit denken, weil die gesellschaftlichen Meinungen so viel Druck machen. Gerade jetzt, wo Zensur ein großes Thema ist, wo Menschen einfach so diffamiert werden, weil sie eine andere Meinung haben, die nicht dem Mainstream betreffen.

Und lass dir sagen, gerade im Bereich Mutterschaft und Mutterrolle gibt es mehr Frauen, die ebenso mit ihrer Rolle kämpfen wie du. Immer, wenn ich in dem Bereich Meinungen ausspreche z.B. in Elterngesprächen, dann höre ich ein Aufatmen, als würde den Frauen ein Stein vom Herzen fallen. In dem Moment fühlen sie sich gehört und verstanden und können kurz aufatmen, bevor es wieder in die Welt da „draußen“ geht.

Das Schöne ist, wenn du Menschen gefunden hast, die sehr ähnlich ticken und denken, dann musst du diese Themen nicht einmal andauernd besprechen. Es gibt dann nichts zu besprechen, denn ihr denkt ja ähnlich und das wiederum bedeutet du kannst deine Energie ganz anders nutzen und einfach nur Mama SEIN. Du musst keine künstliche Rolle aufrechterhalten, du musst dich nicht rechtfertigen oder dich innerlich schlecht fühlen, weil du nicht „hineinpasst“.

Strategie 5: Achtsamkeit und Stressbewältigung

Die Welt, die komplett anders denkt als du, wird jedoch weiterhin existieren. Wenn du nun eine Mama gefunden hast, die ähnlich denkt und handelt ist das schon mal eine große Erleichterung. Jedoch bleiben erst einmal noch die anderen gesellschaftlichen Normen, die weiterhin in deine Lebenswirklichkeit eindringen. Wenn du gegen das deutsche Schulsystem bist, dann wirst du dich dennoch damit konfrontiert sehen, dass deine Kinder zur Schule gehen müssen, bis du für dich mutig genug bist andere Wege zu gehen.

Daher ist es wichtig in deiner inneren Mitte zu bleiben oder wieder in deine innere Mitte zu kommen. Denn die Stressoren im Außen, werden erst einmal bleiben. Ziel ist es, diese nicht mehr als Stressoren zu empfinden. Also innerlich so ruhig zu werden, dass du dich nicht mehr andauernd getriggert fühlst.

Nichts ist so kostbar wie dein innerer Frieden, gerade als Mutter, denn dein Stress überträgt sich auf deine Kinder. Und sind wir mal ehrlich das Mama Sein als solches ist, schon stressbelastet genug. Selbstfürsorge ist also in jedem Fall ein wichtiges Werkzeug, um den Alltag gut zu meistern.

Es muss nicht gleich meditieren sein, auch wenn Mediation viele Vorteile mit sich bringt, ist es für einige vielleicht nicht das Mittel der Wahl, um den inneren Frieden zu wahren. Für die einen ist es Yoga, für die anderen Joggen, nähen, stricken, zeichnen oder malen, puzzeln, spazieren gehen. Einfach Zeit mit dir selbst verbringen. etwas, dass dich wirklich nährt und erdet.

Beispiel. Du bist Teilzeit tätig und hast Feierabend und normalerweise düst du sofort los, um dein Kind aus dem Kindergarten abzuholen. Deine Gedanken rasen schon wieder zu den Terminen, die noch anstehen, zu den Besorgungen, die du noch tätigen musst und während du von A nach B fährst, bist du so im Kopf, dass du diese 15 Minuten Fahrtzeit einfach an dir vorbeiziehen lässt. Du bist im Kopf so gestresst, dabei könntest du die Zeit nutzen, um dich zu besinnen.

Vorschlag. Probiere es mal aus und schau, ob du es in deinen Alltag integrieren magst. Du setzt dich nach der Arbeit in dein Auto. Die Tür fällt zu. Und bevor du den Motor startest, atmest du einmal tief durch. Mit dem Zuschlagen der Autotür lässt du den Ballast der Arbeit bewusst dort, wo er hingehört. Auf der Arbeit. Stelle dir ruhig vor, dass dieser Ballast vor deinem Auto bleibt. Fühlst du dich ganz gestresst, dann atme zweimal scharf durch die Nase ein und langsam durch den Mund wieder aus.

Es reichen fünf bis zehn Atemzüge, um dein Nervensystem zu beruhigen und dich runterzufahren. Du und dein Kind, das im Kindergarten auf dich wartet, wird es dir danken. Denn sind wir mal ehrlich, wir sind einfach schon so gestresst vom Arbeitstag, dass wir kaum noch Nerven übrig haben für unsere Kinder, die ebenso einen arbeitsintensiven Tag hinter sich haben, mit vielen Eindrücken und Erlebnissen. Und wie oft krachen hier Bedürfnisse und Stimmungen aufeinander.

Du lässt die Arbeit für heute ruhen und entscheidest dich ganz bewusst für eine Musik, die du jetzt unbedingt hören möchtest und drehst die Lautstärke nach oben. Und du nutzt jetzt einfach mal die Fahrt, nur für dich, um zu singen, zu grölen, um einfach nur mit dir selbst zu sein, weil es Freude macht. Sorgen und Ängste sind in dem Moment nicht existent. Ich habe mal drei Stunden auf der Rückfahrt von Wilhelmshaven nach Hause den Bibi und Tina Soundtrack „Tohuwabohu“ gehört und mitgesungen, und zwar lautstark, weil ich keine andere CD im Auto hatte. Und trotz drei Staus auf der A1 habe ich es geschafft entspannt zu Hause anzukommen.

Allein solche kleinen Gewohnheiten ändern schon viel in deinem Erleben und es werden sich weitere Möglichkeiten eröffnen, wie du es schaffst Pausen und kurze Momente für dich in den Alltag zu integrieren. Du musst sie nur für dich nutzen und sie zu neuen Gewohnheiten machen.

Strategie 6: Grenzen setzen und Nein sagen lernen

Zugegeben, das ist vielleicht der schwerste Punkt. und ja auch das will geübt werden. Das Nein sagen lernen. Gerade wir Frauen sind nicht gerade Meister darin Grenzen zu setzen. Aber du hast es bestimmt auch schon einmal gehört. Ein Nein zu anderen ist ein ja zu dir selbst. Und genau so ist es auch. Überlege dir welche Aktivitäten du umsetzen möchtest und welche nicht. Musst du bei jedem kuchenverkauf in der Schule stehen? Und jetzt komm nicht mit dem Argument „ja, aber sonst macht es doch keiner.“ Ja, das kann sein, aber warum solltest du es machen? Die anderen wissen doch, dass es immer die gleichen sind, die dann doch ja sagen.

Musst du immer allen Verabredungen Raum geben? Es gibt Momente, da sind wir gut gelaunt und verabreden uns zum Spielen mit einer anderen Mutter und deren Kindern. An tag x sind wir jedoch nicht gut gelaunt, es war uns alles zu viel, wir haben Kopfschmerzen und die Kinder machen auch nicht den Eindruck, als bräuchten sie jetzt noch ein Treffen mit anderen Kindern. Es scheint eher so, als wäre für alle ein gemütlicher Nachmittag zu Hause viel sinnvoller. Trau dich abzusagen!!!

Klar wirst du Menschen mit einem Nein vor den Kopf stoßen. Besonders dann, wenn sie sich eigentlich auf ein Ja eingestellt haben, weil du immer ja sagst. Aber die Menschen werden mit der zeit deine Ehrlichkeit zu schätzen wissen und wenn dem nicht so ist, dann sind es nicht die Menschen, die in deinem Umfeld etwas zu suchen haben.

Es kommt auch immer darauf an, wie du etwas vermittelst. Nein. Das ist ein vollständiger Satz und bedarf keiner Erklärung. Ich bezweifle jetzt aber, dass dir das zu Beginn genauso über die Lippen kommt. Ich habe mich auch immer noch ein wenig erklärt, aber wenn du deine Bedürfnisse äußerst, die ganz klar signalisieren, dass du nicht zur Verfügung stehst, dann muss das reichen. Du gibst damit dem anderen nicht das Gefühl falsch zu sein, sondern du legst den Fokus einfach auf die Erfüllung deines Bedürfnisses.

Ich tauche kaum auf, bei Klassenpflegschaftssitzungen. Das wird sehr gerne als Desinteresse eingestuft. Und das lasse ich auch gerne so im Raum stehen, je nachdem wer das Denken möchte. Wenn ich jedoch von einer Mutter gefragt werde, ob ich dorthin komme und ich diese Mutter auch schätze und mag, weil ich mich mit ihr gerne unterhalte, dann sage ich nicht einfach nur nein. Dann sage ich klar, dass ich meine wertvolle Zeit als alleinerziehende Frau mit zwei Kindern, die arbeiten geht, lieber mit den Kindern verbringe, als mich mit Eltern auseinanderzusetzen, mit deren Meinungen ich nicht konform gehe. Gerade meine jüngere Tochter besteht auf diese gemeinsame Zeit zu dritt abends und diese Zeit räume ich meinem Kind gerne ein. Ich wähle also bewusst. In dem Moment, wenn du deine Priorität bewusst wählst, dann hast du keine Schuldgefühle. Denn in dem Moment bist du dir selbst treu. Du hast gewählt.

Je mehr du für dich Strategien umsetzt, umso näher bist du deinem SEIN. In dem Moment wird das Leben einfacher, weil viele Gedanken und Muster wegfallen. Deine Schuldgefühle zum Beispiel werden minimiert. Dein Umfeld wird sich neu sortieren, denn du zwingst dich nicht mehr mit Menschen in Kontakt zu stehen, die dir und deinen Werten nicht entsprechen und dich als Mama mit dem System Familie wie du es leben möchtest nicht konform geht oder dich zumindest einfach so leben lässt.

Nach und nach wird dir klar, dass du über einen langen Zeitraum deine eigenen Ressourcen an oftmals falscher Stelle eingesetzt hast und plötzlich hast du wieder mehr Energie für die Dinge, die dir am Herzen liegen. Vielleicht denkst du gerade an dein Umfeld und weißt, dass es nicht leicht ist, all das umzusetzen, denn es wird Kritik hageln, vielleicht auch von Menschen, die innerhalb deiner Familie leben. Deine Geschwister, die Schwiegereltern oder enge Freunde.

Es bleibt nur die Frage, ob es sich lohnt zurück zu stecken, um den Frieden zu bewahren mit Menschen, die dir zwar Nahe stehen, aber die nicht dich als wahres Wesen sehen. Wir haben uns vor langer Zeit anpassen müssen und es wird Zeit aus diesem Korsett auszubrechen. Diejenigen, die uns wirklich lieben, werden auch unsere authentische Version lieben. Und das Schöne ist, dass wir den Menschen damit auch gleichzeitig die „stille“ Erlaubnis geben, selbst authentischer zu werden. Du wirst dich wundern welche echte Begegnungen statt finden können.

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