„Unser Schlachtfeld liegt nicht außerhalb, sondern innerhalb von uns selbst“ – Dalai Lama –

Selbstfürsorge ist nicht an Zeit gebunden, es ist eine Entscheidung
Als Mutter und vor allem als alleinerziehende Mama höre ich schon fast dieses höhnische Lachen, dass du diesem Beitrag entgegenbringen willst. Deine Gedanken, die ungefähr wie meine klingen könnten, als ich in dem Strudel der Anpassung und Erwartungen gefangen war.
Welche Gedanken das waren? Here we go: Selfcare? Wann denn bitte? Wenn meine Kinder schlafen, räume ich noch auf und versacke höchstens noch ne Stunde auf dem Sofa, bevor ich selbst schlafe. Und am nächsten Morgen geht alles wieder von vorne los. Vorausgesetzt die beiden Mädels lassen mich durchschlafen. Und der Haushalt, macht sich der von allein? Ich glaube nicht. Und wenn ich den Abwasch heute liegen lasse, dann bekomme ich spätestens morgen die Krise. Das geht doch so nicht. Und wenn dann jemand unangemeldet zu Besuch kommt, denkt der, ich hätte gar nichts mehr im Griff. Und die ganzen Termine, die müssen ja auch irgendwie untergebracht werden. Aber Hauptsache Selfcare betreiben. Ja ne is klar.
Ich hatte eine menge Gedanken, die im Widerspruch zu meinen Bedürfnissen standen. Ich habe es mir lange Zeit nicht erlaubt, mich um meine Bedürfnisse zu kümmern. Ich habe eine gewisse Zeit nicht einmal mehr meine Bedürfnisse gespürt, weil ich so sehr gewohnt war sie immer hinten anzustellen. Die Bedürfnisse der Kinder müssen, je jünger das Kind ist, definitiv vorher gestillt werden, aber es gibt immer Wege und Möglichkeiten klein anzufangen.
Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen
Viel zu oft denken wir bereits zu groß, wenn wir an Selfcare denken. Dabei sind es zu Beginn die kleinen Schritte, die bereits so viel bewirken können. Zu der Zeit, als ich mich dazu entschied bei meinen Kindern zu bleiben und mein Leben umzukrempeln, anstatt weg zu laufen, fing es mit absoluten Ministeps an. Die Geschichte des Tiefpunktes meines Lebens liest du hier. https://melanie-balster.de/blog/
Zu dem Zeitpunkt hatte ich zu Hause vier Kinder. Meine beiden eigenen Mädchen, drei und fünf Jahre alt und die zwei Jungs, die bei uns wohnten, neun und dreizehn Jahre alt. Mein damaliger Mann und das große Haus. Dazu ein Hund, zwei Katzen, zwei Hasen und zwei Meerschweinchen. Mit anderen Worten, es war trubelig im Haus und ich war den kompletten Tag einfach nur beschäftigt, besonders wenn man bedenkt, dass die zwei Jungs ihre Päckchen zu tragen hatten und sehr viel Zuwendung brauchten, damit der Alltag laufen konnte.
Mir war zu dem Zeitpunkt klar, dass der Jüngere von beiden die Familie verlassen musste, weil ich ihm nicht gerecht wurde und er eine 24/7 Betreuung nur für sich brauchte. Er gefährdete teilweise sich selbst und meine Mädchen. Mein damaliger Träger sah das anders und ich musste darum kämpfen, dass sich diesbezüglich etwas änderte, also musste ich noch eine Weile in dieser Konstellation durch halten. Und das Wort durchhalten findet mittlerweile in meinem Wortschatz kaum noch Verwendung. Niemand sollte dringend etwas durchhalten müssen, denn es bedeutet, dass es einem schon ganz lange nicht mehr gut geht.
Prioritäten anders setzen
Durch mein Aha-Erlebnis, dass ich mein Leben selbst bestimme, war mir klar, dass die Veränderung in mir lag. Und ich musste jetzt für mich herausfinden, wie ich an Energie komme, um eben meine Ziele, Werte und Bedürfnisse heraus zu finden und vor allem die Kraft entwickle, diese auch umzusetzen. Es brauchte selfcare.
Und so platt sich das jetzt auch anhören mag. Es begann mit der einfachen Erlaubnis, die ich mir selbst erteilte. Schlafen. Ich ging gemeinsam mit meinen Mädchen schlafen. Damals brauchten beide noch eine intensive Schlafbegleitung und wir schliefen im Familienbett. Und vielleicht kennt das die ein oder andere Mama, du begleitest dein Kind in den Schlaf und döst selbst weg. Und anstatt liegen zu bleiben und dir einfach diesen Schlaf zu gönnen, stehst du doch wieder auf und bist voll gerädert, nur um noch etwas von deinem Abend „zu haben.“
Jeden Abend für zwei Wochen ging ich mit den Mädchen abends schlafen. Dann kam ein Morgen, an dem war ich sehr früh wach und fit. Ich machte mir einen Kakao mit einem Schuss Kaffee und setzte mich nach draußen auf die Stufen zum Garten. Ich hörte den Vögeln zu und spürte den Wind in meinem Gesicht und ich fühlte zum ersten Mal seit langem wieder etwas Positives. Ein Hauch von Frieden und Optimismus machte sich in mir breit. Der Optimismus etwas verändern zu können.
Kleine Oasen im Alltag
Es wurde zu meinem Ritual und ich ergänzte es mit Musik, die je nach Laune wechselte, ich begann damit im Alltag während der Hausarbeit Podcasts zu hören, die sich mit Persönlichkeitsentwicklung befassten. Vor allem der zu dem Zeitpunkt noch sehr junge Podcast von Laura Malina Seiler tat mir gut. Ich begann wieder damit meine Gedanken aufzuschreiben. Besonders dieses aufschreiben hat wieder sehr viel positives in mein Leben gebracht. Ich habe dadurch wieder gelernt meine innere Stimme wahr zu nehmen, ich bin meinen Sehnsüchten auf die Schliche gekommen. Plötzlich war da dieser Raum für all diese Dinge und ich habe kaum etwas verändert. Ich habe mir einfach diese Zeit genommen.
Die Sache ist doch die. Wir hängen so viel vor dem Smartphone und haben sehr viel Zeit durch die Gegend zu scrollen und uns berieseln zu lassen. Warum tun wir das? Einfach nur, um von unserem tristen Leben abzulenken und nicht in die Stille zu kommen, denn die könnte Gedanken und Emotionen hochholen, die sich nicht gut anfühlen. Aber diese Stille bringt erst deine Bedürfnisse zum Vorschein. Und darauf aufbauend sich die Frage zu stellen, was tut mir noch alles gut? Was möchte ich gerne in meinem Leben integrieren? Was darf weg?
Lass dich nicht mehr unter Druck setzen
Der Haushalt lässt sich dennoch erledigen, du hast mehr Energie für die Dinge, die wichtig und dringlich sind. Es liegt sehr viel Druck von außen auf uns Müttern und dieser Druck darf weichen, wenn wir uns einfach unsere eigenen Prioritäten setzen. Es darf ein Umdenken stattfinden, in dem wir uns nicht mehr daran orientieren, welche Erwartungen die Gesellschaft an uns hat, sondern welche Erwartungen wir an uns selbst haben. Und diese Erwartungen abzugleichen, mit dem, wie wir uns als Mutter fühlen wollen. Wichtig ist jedoch auch, dass nicht nur du von deiner Selbstfürsorge profitierst, sondern deine Kinder in hohem Maße ebenso. Auf die Themen der gesellschaftlichen Erwartungen gehe ich noch einmal in einem anderen Beitrag gesondert ein.
Wichtig für dich zu erkennen ist zuerst einmal folgendes. Die Erlaubnis zu haben an sich selbst denken zu dürfen. Die Erlaubnis zu haben, schlafen zu gehen, wenn dich die Kinder lassen. Wir haben so viele Ausreden, weshalb wir nicht an uns selbst denken dürfen, dass wir auf unsere eigene Story rein fallen, damit wir nicht auffallen. Damit wir wie alle anderen Mamas auch perfekt funktionieren. Was ein beknacktes Schauspiel, wenn du bedenkst, dass wir alle als Frau und Mutter struggeln und das der Stress dahinter nicht bedeutet, alles zu geben. Es bedeutet nur, dass wir uns unter Druck setzen lassen, um ein Bild aufrecht zu erhalten, dass gar nicht unserem tiefsten Sein entspricht. Wäre es nicht wundervoll, wenn du ganz du selbst sein dürftest und es nicht immer nur ums Funktionieren geht?
Die Frage ist: Wer verbietet es dir wirklich?