Muss ich meine Rolle als Mutter immer lieben?

„Mutterschaft verändert alles.“ – Adriana Trigiani

Ich habe neulich erst eine Unterhaltung mit einer Freundin geführt, die keine Kinder hat. Es ging um andere Mütter und die Art wie sie manchmal ihren Alltag beklagen. Im Sinn hatten wir eine gemeinsame Bekannte. Und irgendwann fiel dieser Satz, der mich zugegebenermaßen ein wenig triggert.

„Das hätte sie sich doch vorher überlegen müssen.“ Ui, ich bin ehrlich, ich betrachte diesen Satz äußerst kritisch. Und um noch ehrlicher zu sein, ich musste ein paarmal tief durchatmen. Denn wie viele andere Dinge, kann ich mir im Vorfeld Gedanken über etwas machen, so lange und viel ich möchte. Wenn ich diese Situation noch nicht erlebt und erfahren habe, dann kann ich nicht im Ansatz abschätzen, wie sich das Ganze am Ende entwickelt oder anfühlt.

Ich kann mir meine neue Stelle noch so gut ausmalen und mir überlegen, wie ich meinen Beitrag zum Gelingen der Maßnahme beitrage, aber ich kann erst für mich prüfen, ob es wirklich so gut ist, wenn ich dann in meinem Berufsalltag stecke. Warum sollte es beim Thema Mutterschaft anders sein? Es gibt so viele Parameter, die wir vorher einfach nicht wissen können, evtl. erahnen, aber wissen tun wir gar nichts.

Und so gibt es so viele Frauen, die sich selbst einreden, dass sie durch ihren schweren Alltag und Sorgen und Kraftlosigkeit allein durch müssten, denn sie haben es sich ja so ausgesucht. Vieles habe ich mir persönlich nicht ausgesucht. Ich habe mir nicht ausgesucht, dass meine Große ein Schreikind war, ich habe mir nicht ausgesucht, dass meine Ehe scheitert oder der Vater der Mädchen sich nicht kümmert. Und ich habe mir auch nicht ausgesucht, dass meine Jüngste jetzt ein Jahr nach ihrem gebrochenen Arm plötzlich Schmerzen hat und wir nun gucken müssen, dass wir die Ursache finden. Sehr viele Umstände habe ich mir nicht ausgesucht.

Die Aufgabe der Mutterschaft ist wie ein riesengroßes Überraschungsei. Du weißt nicht vor welchen Herausforderungen du stehen wirst, du weißt nicht in welche Richtung sich dein Kind entwickelt, selbst wenn du dir die aller größte Mühe gibst. Du kannst dich noch so bemühen, aber vielleicht raucht dein Kind dann trotzdem mit 13 auf dem Schulhof, vielleicht sogar, weil du es zuvor in Watte gepackt hast und ihm immer alles ermöglicht hast und nun ist ihm oder ihr einfach langweilig und er oder sie sucht nach dem Kick?

Es gibt einfach Phasen, in denen wir Mamas mal müde sind, in denen wir zweifeln und vieles hinterfragen und einfach mal gehört werden wollen. In uns existieren so viele verschiedene Emotionen, die wir gelernt haben, beiseitezulegen, nur um zu funktionieren. Wir lieben unsere Kinder und wir machen weiter. Aber wir dürfen doch auch mal sagen. „Ey, so hab ich mir das aber nicht vorgestellt.“ Einfach mal den Robotermodus ausschalten und wieder ins Fühlen kommen.

Anderen Frauen geht es genauso und auch die bemühen sich einfach stark zu sein und in ihrer Mutterrolle ihren Mann zu stehen. Da sehen wir doch wieder wie verkehrt diese Welt ist. Klar gibt es den Club der jammernden Mütter, die nichts anderes können, als sich gegenseitig ihr Leid zu klagen und sich in ihrem Opferbewusstsein zu suhlen. Die lieben dieses jammern aber, weil es ihnen Bestätigung gibt und sie sich in ihrem Leid übertrumpfen können.

Aber es gibt auch die anderen, die tough sind, die weiter machen, die an sich selbst arbeiten und wirklich alles geben und sich selbst reflektieren und nach Antworten suchen, damit sie ihren Kindern bestmöglich dienen können. Und ja manchmal kommt der Gedanke „Ich will nicht mehr, ich habe keine Lust mehr.“

Wäre es nicht viel schöner in echten Austausch zu gehen? Zu fragen, wie man unterstützen kann, andere Blickwinkel aufzuzeigen, in den schwachen Momenten einfach nur zuhören. Und das Gesagte stehen lassen, anstatt zu sagen „Das hättest du dir vorher überlegen müssen.“

Nur weil es schlechte Zeiten gibt, in denen die Kraft fehlt, heißt es doch noch lange nicht, dass man alles hinschmeißen möchte und sich die Dinge anders wünscht. Wann haben wir aufgehört authentisch zu sein? Warum können wir uns nicht wieder gegenseitig stützen? Warum darf es nicht auch Frauen geben, die ihre Mutterrolle anders ausleben? Andere Wege gehen?

Stattdessen wird bewertet und sich verglichen. Und es wird gelästert und sich fertig gemacht, damit man selbst eventuell ein kleines bisschen besser dasteht als die anderen. Und genau dieses Verhalten diese Art und Weise ist es, die wirklich müde macht, die mir persönlich Energie geraubt hat und die ich schon lange nicht mehr in meinem Leben dulde.

Es können so viele kleine Stellschrauben gedreht werden, um eine belastende Situation zu verbessern, um wieder mehr mit sich selbst in Kontakt zu stehen, um wieder mehr Kraft zu tanken. So viele Frauen sind damit beschäftigt stark zu sein und im Alltag alle Bälle oben zu halten, dass ihnen die Luft zum Atmen fehlt und damit die Sicht auf die vielen kleinen Stellschrauben, die helfen können.

Dies heute ist kein Blogartikel, der viel Mehrwert bietet, dies waren heute meine persönlichen Gedanken. Mein Struggle mit der Welt und der Rolle als Mutter. Mein Triggerpunkt, der mich oft kalt erwischt. Mir ist bewusst, dass ich mit meinen Gedanken und Emotionen einen großen Einfluss auf meine erlebte Realität habe und für dieses Wissen bin ich auch sehr dankbar. So kann ich sehr viele Stellschrauben bewegen und auch die Situationen, die ich mir nicht ausgesucht habe, in dankend annehmen, weil ich weiß, dass nichts aus Zufall geschieht. Aber es gibt noch immer Frauen, die dieses Wissen nicht haben, die jeden Tag aufs Neue kämpfen und ihnen nicht im Ansatz bewusst ist, wie wichtig es für ihre eigenen Kinder ist, dass sie in ihre innere Ruhe und Mitte finden.

Diese Frauen haben kaum Zeit einmal durchzuatmen, sondern sie konzentrieren sich darauf die Bälle in der Luft zu halten. Und Nein. Sie hätten es sich NICHT vorher überlegen müssen, ob sie Kinder bekommen oder nicht.

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