Wie ein spontaner Kurztrip die Sicht auf das Leben verändert hat – Ein ehrlicher Erfahrungsbericht für Mütter

„Wie schnell sich “nicht jetzt” in “niemals” verwandelt.“

– Martin Luther

Es gibt so kleine und große Vorhaben, die wir als Mama immer wieder auf die lange Bank schieben. Besonders die Dinge, die uns guttun, die nur für uns sind. Etwas, das wir uns wünschen.

Und ich möchte heute einfach mal von einem meiner Erlebnisse erzählen, um dir Mut zu machen, selbst zu schauen, was du für dich tun kannst. Eine kleine Sache, die du schon seit längerem Mal machen wolltest. Ich bemühe mich so offen und ehrlich wie möglich zu sein, denn oftmals sind wir auch zu uns selbst nicht ehrlich.

Ich habe meinen Geburtstag immer gerne gefeiert, früher als ich noch ungebunden war. Spätestens als die zwei Jungs in unsere SPLG einzogen, wurden meine Geburtstage zu einem sehr anstrengenden Tag. Ich wünschte mir nur einen entspannten Tag im Kreise meiner Liebsten. Und wir wissen beide, dass wir als Mütter unsere Kuchen oftmals selbst backen, die Wohnung vorher für die Gäste putzen und einfach nur das tun, was nötig ist, damit alle Gäste rundherum zufrieden sind. Das allein empfand ich mehr und mehr als stressig.

Mit dem Einzug der Jungs wurde es noch stressiger. Und ich wünschte mir immer öfter heimlich, einfach nur meinen Geburtstag ganz allein zu verbringen. Keine Gäste, nur ich und am liebsten am Meer. Und diesen Wunsch begann ich dann auch irgendwann zu äußern. Ich setzte ihn jedoch nicht um. Ich war bemüht den Tag einfach zu übergehen und am nächsten Tag ganz normal weiterzumachen. Mein Gedanke war, wenn ich nicht feiere, dann kann es auch nicht zu Streit, Stress oder Krankenhausaufenthalten kommen. Einfach ein normaler Tag, damit er genauso gelebt werden konnte, wie jeder andere Tag auch.

Der Wunsch vom Alleinsein am Meer, blieb. Und meine Kinder wurden älter.

Auch wenn mich dieser Wunsch jedes Jahr aufs Neue begleitete, war die Umsetzung nicht so „leicht“ und ich verschob es immer wieder nach hinten. Die Gründe waren jedes Jahr andere: kein Geld, keine Betreuung für die Kinder oder Urlaubsstop im August, weil die neuen Kinder auf der Arbeit eingewöhnt wurden und auch als mein SPLG-Sohn noch bei mir wohnte, durfte ich arbeitsrechtlich die Wohnung nicht über Nacht verlassen und musste erreichbar sein.

In diesem Jahr hatte ich an einem Sonntag Geburtstag. Meine Kinder kannten meinen Wunsch bereits und sie waren auch nicht traurig, dass ich immer wieder sagte, dass ich lieber allein sein wolle. Mittlerweile sind sie längst keine Kleinkinder mehr. Mein SPLG-Sohn wohnt seit drei Jahren nicht mehr bei uns. Meine Ausreden waren in diesem Jahr alle nichtig. Und dennoch suchte ich nach Gründen nicht fahren zu können. Ich war mein Dilemma bereits gewohnt. Das Gefühl zu verzichten und einfach die Sache erneut zu verschieben. Ich wollte erst nicht fahren, weil ich meinte keine Energie zu haben, um überhaupt ans Meer zu fahren. Letztlich war es meine 11-Jährige, die dafür gesorgt hat, dass ich es umsetze.

Und so saß ich vorletztes Wochenende an einem Samstagmorgen am Handy und habe mir ein Zimmer für eine Nacht gebucht. Ich hatte nicht allzu viel Auswahl, doch es war genau das, was ich wollte. Etwas außerhalb gelegen, günstig und sauber. Und drei Stunden später saß ich im Auto und fuhr nach Wilhelmshaven. Allein.

Seit einem Jahr hatte ich keinen einzigen Tag kinderfrei, weil mittlerweile beide Töchter nicht zu ihrem Vater wollen. Und sowohl er als auch ich zwingen sie nicht ihn zu besuchen. Wir sind zu Hause ein eingeschworenes Team und dennoch fehlte mir hin und wieder die Luft zum Atmen.

Und nun fuhr ich drei Stunden im Auto an die Nordsee, um ein paar weitere Stunden abschalten zu können und mir diesen Wunsch zu erfüllen, einfach nur allein an meinem Geburtstag am Meer zu sitzen und die Stille zu genießen.

Ich checkte am Nachmittag im Hotel ein, lieh mir ein Fahrrad und fuhr sofort los. Allein das Gefühl zu haben, dass ich frei entscheiden konnte, was ich nun mit der Zeit anfange, an einem Ort, an dem ich noch nie war, fühlte sich kurz überfordernd an. Es war schlichtweg ungewohnt. Denn ich kenne meinen Alltag, meinen Trott, es ist alles immer nach Schema F und wenn es dir ähnlich geht wie mir, dann ist es gleichwohl beruhigend, als auch erdrückend. Und nun brauchte ich erst einen Moment, um zu entscheiden, wohin ich nun fahren wollte.

Ich entschied mich für eine Fahrt nach Hooksiel und kämpfte mich gegen den Seewind zum Ziel. Ich war die Bewegung mit dem Rad nicht mehr gewohnt und obwohl ich noch am Vortag meinte keine Energie zu haben, um eine dreistündige Autofahrt zu machen, steckte ich meine Kraft, meine Energie, meine Wut, meine Verzweiflung der letzten Wochen und Monate einfach in die Bewegung. Ich transformierte die angestaute und unterdrückte Energie, in die Bewegung.

Ich weiß nicht, ob du ansatzweise nachvollziehen kannst, was ich meine, wenn ich die Überschrift so wähle. Die Sache ist jedoch die, wie oft fühlst du dich im Trott des Alltags gefangen und verstrickt? Wie oft wünschst du dich gerade weg oder vermisst eine alte Version von dir, weil du so sehr Mama bist, dass du schon gar nicht mehr weißt, ob noch etwas altbekanntes in dir steckt? Wie sehr funktionierst du?

An dem Tag musste ich nicht funktionieren. Ich durfte einfach SEIN. Am nächsten Morgen stand ich recht früh auf, war frühstücken, checkte aus und packte mein Rucksack ins Auto. Das Fahrrad durfte ich noch ein paar Stunden behalten, musste nicht einmal eine Leihgebühr bezahlen und fuhr Richtung Südstrand.

In der Stadt gab es an dem Wochenende ein Triathlon, es waren viele Strecken gesperrt und auch wenn ich mit dem Rad fast überall lang fahren konnte, habe ich etliche Umwege genommen und dachte ich komme gar nicht mehr an diesem Strand an. Kurzzeitig wollte ich mich sogar mit einem See zufriedengeben, weil er so schön ruhig dalag und sehr einladend aussah. Aber dann hätte ich mir auch ein See im Ruhrgebiet aussuchen können.

Die Sache mit solchen Vorhaben ist auch die: der Wunsch am Meer zu sitzen, war der äußere Rahmen, die eigentliche Intention, die ich gesetzt hatte, war es, einfach nur Frieden in mir zu spüren und Ruhe zu haben, gepaart mit dem Gefühl von Freiheit und Weite. In mir war jedoch gar nichts ruhig. Ich hatte ein Ziel, das ich fokussierte und auch wenn ich links und rechts den Weg wahrgenommen habe und auch schön fand, hatte ich den Drang dieses Ziel zu erreichen. Irgendwie paradox, wenn man bedenkt, dass ich im Grunde nur mal einen friedvollen ruhigen Geburtstag erleben wollte.

Ich folgte also meinen inneren Impulsen, ließ den See links liegen und fuhr die letzten Meter zum Strand. Und dann konnte ich mich endlich an diesem Sonntag, meinem 44. Geburtstag, ans Meer setzen und einfach nur in die Weite schauen. Es war nicht zu voll und so saß ich auf der Wiese und musste mich selbst erst einmal durch tiefes und bewusstes atmen zur Ruhe bringen. Meine Gedanken runterfahren, die Schultern sinken lassen, die Anspannung immer wieder aus meinem Körper atmen. Und nach und nach wurde ich tatsächlich ruhiger. Das friedvolle Gefühl stellte sich ein. Die Sonne schien und eine leichte Brise sorgte für eine angenehme Temperatur.

Allein am Meer sitzend und einfach SEIN. Allerdings wollte es das Universum doch ein wenig anders. Ich kam mit einem Mann ins Gespräch, der sich kurze Zeit nach meiner Ankunft ebenfalls für eine Pause auf die Wiese setzte und als er durchs Watt watete und wieder zu seinem Platz wollte, sprach er mich an.

Die kommenden anderthalb Stunden verbrachten wir locker plaudernd über dieses und jenes und es fühlte sich alles leicht und kurzweilig an. Aus meinem Plan komplett allein zu sein, wurde nichts. Ich hatte sehr nette Gesellschaft und so kam es, dass er mich noch bis zum Hotel begleitete.

Auch wenn sich die Umstände geändert hatten, so hatte ich genau das Gefühl, das ich mir gewünscht hatte. Ich musste nicht komplett allein sein, um für mich das Gefühl von tiefem Frieden, Freiheit und Unbeschwertheit zu spüren. Ich habe meine Geburtstagsstunden mit einem komplett fremden Menschen verbracht und es war genauso richtig und gut.

Wir verschieben so viele Dinge auf später. Oftmals sind unsere Gründe dafür nur Gewohnheit oder Angst, weil wir einfach so leben, wie wir jeden Tag leben. Weil wir funktionieren, weil wir es so kennen, weil wir es in unserem Leben einfach so eingerichtet haben, dass der Alltag läuft. Aber es passiert nichts Neues. Und das kann gerade für Mütter frustrierend sein.

Und diese 24 Stunden, denn mehr waren es nicht, haben mir gezeigt, wie einfach es sein kann das Gefühl von Lebendigkeit wieder in das eigene Leben zu holen. Den inneren Impulsen folgen, sich selbst wieder mehr spüren, sich selbst fragen, was würde jetzt guttun? Was schiebe ich schon viel zu lange vor mir her?

Es war eine gelungene Mischung aus Willensstärke und Loslassen. Meine Erkenntnisse, die ich im Bezug auf mein Leben gewonnen habe oder die Sicht auf mein Leben sind tiefgreifender als das, was ich hier geschildert habe. Ich bin aber auch der Meinung, dass jeder für sich die eigenen Erfahrungen machen darf, um Erkenntnisse zu sammeln und sie auf sich und das eigene Leben anzuwenden. Wichtig ist nur, dass einfach mal machen und ein wenig den Horizont zu erweitern sehr viel neue Kraft spenden kann.

Ich habe so viele kleine Synchronizitäten erleben dürfen, dass ich wieder daran erinnert wurde, wie sehr ich mich auf meine Impulse verlassen darf.

Es geht hier darum wirklich deine Rolle als Mutter kurzzeitig abzulegen, um wieder ganz du selbst sein zu können. Möglichkeiten zu einer Pause gibt es immer mal. Viele nutzen z.B. einen Wellnesstag mit einer Freundin. Das klingt super, wenn jedes Thema bezüglich Kinder oder Partner weg gelassen werden. Oftmals werden aber genau solche Dinge thematisiert und du kommst wieder nicht mit deinem inneren Kern in Verbindung. Und diese Art von Wiederverbindung mit deinem tiefen Kern wünsche ich dir.

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